CE-Kennzeichnungspflicht bei Spielzeug –  ein Interview mit Sylvie von Kuschel und Kram

Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel über die CE-Kennzeichnungspflicht bei Spielzeug verfasst, das genäht und verkauft wird. Dabei habe ich betont, dass ich selbst kein Spielzeug herstelle und somit mein Blick auf das ganz Prozedere ein Blick von außen ist.

Nun hat sich Ylvie Thannisch, die schon lange CE-zertifiziertes Spielzeug fertigt, die Mühe gemacht und einmal niedergeschrieben, worauf sie achten muss bei ihrer Herstellung.

Ylvie von Kuschel und Kram habe ich euch bereits bei meiner Reihe “Die tapferen Schneiderlein” vorgestellt. Wer also mehr über sie erfahren möchte, bitte hier entlang.

Aber lassen wir sie selbst zu Wort kommen. Sie gewährt uns einen ausgiebigen Blick von innen: was eine gesetzeskonforme und damit für Kinder sichere Prüfung ausmacht.

“Ihr Lieben, ich schreibe heute zum Thema CE-Kennzeichnungspflicht”.

Warum fühle ich mich überhaupt dazu qualifiziert?

In der Facebookgruppe “Nähen im Nebengewerbe oder mit Kleinunternehmerregelung” bin ich ja irgendwie zum CE-Hörnchen geworden, weil ich die Beiträge immer gerne kommentiere. Ich habe seit drei Jahren mein Gewerbe und fertige Spielzeug aus Textilien und Holz: Steckenpferde, Waldorfpuppen, Schnullerketten und Kuscheltiere. Auch ich habe auf die harte Tour gelernt, dass man nicht “nur zur Deko” dranschreiben darf und dass die CE-Kennzeichnungsplicht auch Kleinsthersteller betrifft.
Ich bin Mitglied bei Wir machen Spielzeug e.V. und habe das Test-Prozedere für weiche Stofftiere, Schnullerketten und Holzspielzeuge durch und bin recht gut im Thema drin.

Womit wir beim ersten Punkt wären:

Wer muss CE kennzeichnen?

CE bedeutet für den Kunden: der Hersteller fertigt nach den gelten EU-Bestimmungen, die dieses Produkt betreffen. Mehr nicht.

Die Pflicht, entsprechende Produkte, meist Spielzeuge und Medizinprodukte (Kühlpack-/Wärmeflaschenhüllen und Körnerkissen) zu kennzeichnen, gilt für denjenigen, der das Produkt in der EU in Verkehr bringt. Also für Hersteller – auch für wohltätige Spendenaktionen!) –  und Importeure.

Für die Meisten ist diese Frage am wichtigsten:

Was muss mit CE versehen werden? Was gilt als Spielzeug? Was bedeutet Babyprodukt?

CE für Spielzeuge gilt für alle Produkte, die hergestellt wurden, damit Kinder zwischen 0 und 14 Jahren damit spielen, sich beschäftigen oder etwas dadurch lernen. (Basteln und Schmusen werden hierbei mit Spielen gleichgesetzt!)

Darunter fallen z.B. Schmuse-/Schnullertücher, Kuscheltiere, Taschen speziell für bestimmtes Spielzeug (Arzttasche), Buntstifte, Pixibücher, Bastel-/Nähsets für Kinder unter 14.
Ebenso Verkleidungen für Kinder zwischen 1 und 14 Jahren, Babys können ja noch nicht selber Verkleiden spielen.

==> Stellt euch im Zweifel erstmal die Frage: Wer ist die Zielgruppe? Was soll die Zielgruppe damit machen?

Und bitte, BITTE, mit Sahnehäubchen und Kirsche:
Vergesst das ewige “Alles, was Kinder zum Spielen animiert, braucht CE!” Ich kann’s nicht mehr hören 

In meinem Handy habe ich eine Liste der Sachen, die ich darauf geantwortet habe, die dann auch CE bräuchten :

  • eine Besteckschublade
  • eine Schüssel Mehl
  • ein Beutel Wäscheklammer
  • eine Tüte Kies

Das alles “animiert” zum Spielen, ist aber kein Spielzeug! Spielen heißt nicht darum herumwerkeln, es geht um die Intention des Herstellers.

Und damit kommen wir elegant zum Pferdefuß:

Kinder können nicht lesen und wenn etwas einem Plüschtier zum Verwechseln ähnlich sieht – ich denke an Hunde- und Eulentürstopper – kommen wir in seichte Gewässer und im Schadensfall wird vermutlich gegen den Hersteller entschieden werden, selbst wenn ein “Nur zu Deko” Schild dranhing.

Ebenso sind saisonale Dekoartikel CE-frei. Ein Plüschhase aber, der zur Ostern verkauft wird, ist das ganze Jahr ein Plüschhase und CE-Kennzeichnungsplichtig. Leichter hat es da ein Stoffstern als Christbaumanhänger, das ist viel eindeutiger Deko.

Viele Fragen drehen sich um das Thema:

Wenn ich an Kinderkleidung Ohren/Augen/bunte Knöpfe mache, ist das dann CE pflichtig?

Klare Antwort: Nein! Ein Pulli ist ein Pulli. Eine Mütze ist eine Mütze. Ein Motivknopf zaubert aus einem Jäckchen kein Spielzeug, ES SEI DENN, es ist Puppenbekleidung!

CE braucht z.B. eine Decke mit Spielelementen, wie Glöckchen, Knisterfolie oder Knoten-Bändchen.

Brauchen Babyprodukte – hierunter fallen Geburtskissen, Bettnester, Krabbeldecken etc. – CE?

Diese brauchen kein CE. Wenn aber mal ein Produkt einem Prüfer von der Gewerbeaufsicht auffallen sollte, etwa, weil euch ein Mitbewerber anzeigt, dann sollte das Produkt genauso gefertigt sein, als wenn es ein Spielzeug wäre! Das bedeutet, GOTS Stoffe, EN71-3 getestete Stoffe und sorgsame Verarbeitung, die ihr am besten für jedes Produkt protokolliert, bringen euch auf die sichere Seite.

Der Hintergedanke ist, dass Babys an Babyprodukten nuckeln und kauen, und so Fasern in den Magen gelangen können. Ökotex prüft die Verschluckbarkeit aber nicht mit ab, nur den Speichelkontakt, daher ist Ökotex für Kinder ab 3 prima, für Babyprodukte aber eigentlich zu wenig.

Ein Wort zu Wärmekissen, Körnerkissen und Hüllen für dieselben: Unter folgendem Link könnt ihr alles Wichtige zu Wärmekissen finden, ich persönlich würde da die Finger von lassen.

https://www.wirmachenspielzeug.de/…/achtung-warmekissen-mu…/

Was Wärmetiere anbelangt: Die MÜSSEN zwingend extern einer EG-Baumusterprüfung unterzogen werden, das kann man als Kleinhersteller NICHT zuhause testen! Daher wird das für kaum einen Kleingewerbler wirtschaftlich sein. Bitte nehmt das ernst, da geht es ja nicht nur um verschluckte Fusseln, sondern um Wohnungsbrände!

Und ganz zum Schluss: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Wenn ihr die Vorschriften außer Acht lasst, oder euch nicht genug informiert habt, schützt euch im Schadensfall eure Betriebshaftpflichtversicherung nicht!

Frohes Schaffen und Nähen!

Liebe Grüße von Ylvie”


Danke Ylvie für deinen ausführlichen Artikel!

Nun wisst ihr, warum ich nicht mal eben einen Teddybär nähe und verkaufe und warum geprüfte und zertifizierte handgefertigte Spielzeuge eben teurer sind: weil sie sicher sind und die Sicherheit deiner Kinder dem Hersteller wichtig ist.