Ich habe mich immer gefragt, wie sieht es aus hinter den Kulissen bei denen, die Nähen nicht nur als Hobby haben, sondern es beruflich ausüben.

Komm mit auf eine Reise durch die Ateliers und Werkstätten und mach mit mir einen tiefen Einblick hinter die Kulissen…

Ich habe viele Termine gemacht, führe nette Gespräche, lerne tolle Leute kennen.

Heute das Interview mit der Maßschneiderin in Ausbildung Cathrin.

Hallo Cathrin, schön dass du Zeit hast für meine neugierigen Fragen.

Fangen wir mal ganz simpel an: Wer bist du und was machst du?

Ich bin Cathrin, bin 24 Jahre alt und lebe mit meiner Familie im schönen Düsseldorf. Beruflich befinde ich mich derzeit in der Maßschneiderausbildung.

Du lernst Maßschneider. Das ist aber ein eher ungewöhnlicher Beruf. Die meisten Traumberufe gehen doch in eine ganz andere Richtung. Wie bist du dazu gekommen? Eine Ausbildung im Handwerk machen ja nicht mehr viele…

Von klein auf bin ich mit selbstgenähten und gestrickten Kleidungsstücken aufgewachsen. Sowohl meine Mutter als auch Tanten und Oma haben gestrickt oder genäht. Das kreative erstellen von Kleidung wurde mir sozusagen mit auf den Weg gegeben. Als Teenager habe ich den Bezug für eine Zeitlang komplett dazu verloren und wollte erst in Richtung Soziales gehen. Als sich dann aber unser Sohn ankündigte fand ich zurück zum Nähen und Stricken, häkeln kam dann noch dazu und in dieser Zeit habe ich nochmal ganz tief in mich hinein gehört, ob das was ich bis dahin gemacht habe, wirklich mein Traum ist. Dabei habe ich gemerkt, wie gerne ich doch lieber etwas mit dem Nähen anfangen will und so kam es, dass ich eine Ausbildung zur Maßschneiderin anfing 🙂

Wie findet man da einen Ausbildungsplatz? Gibt es da überhaupt noch Betriebe? Hier fällt mir im Umkreis von 50 km nicht ein Betrieb ein…

Das stimmt, es sind nicht mehr viele Betriebe und diese sind hart umkämpft. Ich habe keinen gefunden, der sich mit den Betreuungszeiten meines Sohnes abgleicht. Habe aber das Glück, hier in Düsseldorf kann man die Ausbildung an einer Schule machen und macht direkt das Fachabitur dazu. Dort passen die Zeiten fast mit den Betreuungszeiten überein. Allerdings muss man sehr viel noch zu Hause dafür tun.

Es gibt Schulen, die eine Schneiderausbildung anbieten? Wie muss ich mir das vorstellen? Ist das nur Theorie und dann müsst ihr ins Praktikum oder arbeitet ihr auch praktisch?

Nein, wir haben sozusagen einen Betrieb im Haus. Dort lernen wir alles praktische an Maschinen. Wir nähen jedes Jahr verschiedene Kleidungsstücke für die Modenshow und diese werden auch verkauft. Bis jetzt waren es 2 Röcke und 2 Blusen und dazu natürlich alle handwerklichen Techniken separat. Als nächstes werden Hosen genäht. Wir dürfen jederzeit in den Ferien ein Praktikum machen, um auch berufliche Kontakte zu knüpfen. Im Theorieunterricht lernen wir dann Sachen wie Schnittkonstruktion von Hand und digital, Stoffkunde, Maschinenkunde aber auch Fachmathematik und die “normalen” Fächer wie Deutsch, Politik etc.

Modenshow – wie läuft das? Präsentiert ihr eure Stücke selbst oder habt ihr Models? Wer kauft die Teile? Bekommt ihr den Kaufpreis oder wandert der in einen Topf oder…

Für die Modenshow müssen die Schüler jedes Jahr vorlaufen um zu sehen, ob sie für die Modenshow geeignet sind, also quasi wie ein normales Casting. Diese ausgewählten Models stellen dann die ausgewählten Kleidungsstücke vor. Es gibt am Tag der Modenshow auch Verkaufsstände, wo genähtes gekauft werden kann. Allerdings haben wir ein Vorkaufsrecht und können die Sachen reservieren. Man ist ja doch stolz auf die ersten Werke. Das Geld geht in einen Topf, da wir die Materialien alle gestellt bekommen und nicht selber kaufen müssen. Nebenbei werden auch Schüler ausgewählt, die für Musik und Licht zuständig sind, zum umziehen, damit man einen Einblick bekommt, wie eine Modenshow wirklich abläuft, durch das angeschlossene Fachabitur wollen viele danach Modedesign studieren, wo sie dann vorher schon mal in klein üben können, wie das alles funktionieren sollte.

Das heißt also, das ist ziemlich realitätsnah. Bekommt ihr Hilfe bei der Vermittlung von Praktika oder sucht ihr selbst?

Es gibt eine Liste in der Schule mit bekannten Betrieben, aber wir dürfen und sollen auch gerne selber suchen. Damit wir dort Kontakte knüpfen, wo wir später mal hinwollen. Möchte jemand z.B. später nach Paris, darf und soll er auch dort nach Praktika schauen. Ja, es wird versucht alles realitätsnah zu gestalten. Ein Highlight für viele ist auch jedes Jahr das Nähen für die Amazonen, ein Karnevalsverein in Düsseldorf. Dafür werden dann Kostüme genäht und auch bei einer separaten Show vorgeführt und die Presse kommt etc.

Wow! Das ist ja ein richtiges Event. Von wie vielen Kostümen reden wir?

Von 10 Kostümen insgesamt. Hier mal ein Link dazu.

Unglaublich kreativ! Da kann man sich ja richtig austoben! Wie sehen deine Pläne denn nach der Ausbildung aus? In welchem Lehrjahr bist du jetzt? Was willst du danach machen?

Durch eine familienbedingte Pause bin ich jetzt mit dem 1. Jahr fertig und komme dann im August ins 2. Lehrjahr. Ich würde sehr gerne danach Bekleidungstechnologie studieren, aber ob das alles so klappt wird sich zeigen. Ich würde nicht weniger gerne danach in einem Betrieb arbeiten, der Abendroben für Kunden entwirft und umsetzt.

Ja, mit Kind sind Pläne weit im Voraus immer etwas schwierig. Aber ohne wäre es ja auch langweilig oder? Gibt es schon einen Betrieb, den du näher ins Auge gefasst hast?

Ja genau, wir müssen einfach schauen wie es sich entwickelt und auch ob bei meinem Partner alles so bleibt, aber das alles wird uns die Zeit zeigen. Nein, leider habe ich noch keinen bestimmten Betrieb im Auge. Jedenfalls keinen, der in Deutschland liegt 😉

Also heißt es geduldig sein und warten, was die Zeit bringt. Wie sieht dein Alltag aus? Den ganzen Tag Schule und Kind und Haushalt usw. stelle ich mir ganz schön stressig vor… Teilt ihr euch das ganze Drumherum? Hast du manches ausgelagert oder sogar abgeschafft?

Es ist oftmals wirklich Stress pur… morgens den Kleinen in den Kindergarten bringen, dann habe ich genau 20 Minuten Zeit um zur Schule zu kommen. An 3 Tagen holen ihn Oma und Opa vom Kiga, damit er nicht so lange dort ist und hat gleichzeitig Großelternzeit, die er sehr liebt. Nach der Schule hole ich ihn ab, oder wenn mein Partner vor Ort ist und nicht auf Geschäftsreise, dann holt er ihn ab. Wenn wir zu Hause sind, wird erst mal Haushalt und Essen gemacht und nach dem Essen ist er erst mal exklusive Kinderzeit wo wir erzählen, lesen, spielen und den ganzen Tag noch mal Revue passieren lassen für den Kleinen. Wenn der Kleine dann im Bett ist, kommt nochmal “leiser” Haushalt an die Reihe und meine Hausaufgaben wollen auch gemacht werden. Mein Partner nimmt den Kleinen am Wochenende immer 1 Tag, da ist Männerzeit für die beiden und oftmals mache ich in der Zeit alles liegengebliebene der Woche z.B. Hausaufgaben, Haushalt und je nachdem wie viel oder wenig zu tun war, nutze ich die Zeit auch einfach mal zum ausruhen und faul rum sitzen. Der andere Tag des Wochenendes steht dann ganz im Zeichen der Familie, da mache ich nichts anderes, als Zeit mit meinem Kleinen verbringen.

Da seid ihr ja echt straff durchorganisiert. Ich finde es toll, dass du dir feste Zeiten nimmst, nur um für deinen Sohn da zu sein. Gab es bisher ein absolutes Highlight in deiner Ausbildung oder etwas echt Blödes/Doofes/Kurioses?

Es ist jetzt am Ende des 1. Jahres toll zu sehen, wie man sich gesteigert hat in manchen Techniken. Aber etwas besonders schlechtes gab es bisher nicht. Ja, die Zeit mit meinem Kleinen ist mir wichtig. Ich möchte mir nicht vorwerfen, alles verpasst zu haben oder ihm das Gefühl zu geben, er würde hinten anstehen.

Hast du eine Seite, wo man deine Werke bewundern kann?

Ja, durch die wenige Zeit leider unregelmäßig aber unter www.facebook.com/CaDaHaDesign oder bei Instagram unter cadahadesign bin ich zu finden.

Wir blicken ja auch bei dir ein wenig hinter die Kulissen. Was magst du an deinem Alltag am aller wenigsten? Was ist für dich das Schlimmste am Haushalt, am Alltag?

Am schlimmsten am Alltag ist der Stress überall pünktlich zu sein und an Hausarbeit ist das schlimmste für mich. Fenster putzen und Bügeln (das muss ich ja sowieso den ganzen Tag schon).

Fenster putzen macht hier mein Mann. Dafür bin ich ihm sooo dankbar. Bügeln vermeide ich auch, wo es nur geht 😛 Nur beim Nähen bin ich da sehr pingelig und bügele echt jede Naht… Eine letzte Frage, die ich einfach jedem stelle: Wann hast du das letzte Mal gekocht und was?

Durch Geburtstagsfeier am Wochenende und da ich heute nicht kochen musste, weil alle auswärts gegessen haben, tatsächlich letzte Woche. Es gab eines der Lieblingsgerichte von meinem Kleinen: Naturreis mit Gemüse-Hackbällchen-Sahnesoße 🙂

Hmmm…. das klingt richtig lecker! Dann wünsche ich dir ganz viel Erfolg für deine Ausbildung und alles Gute für deine Familie! Du wirst deinen Weg machen. Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten und deine Zeit.

Vielen Dank dir das ich dabei sein durfte und ich wünsche dir auch alles Gute für die Zukunft.